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Merveldter Hof

Der Merveldter Hof steht mit seiner nördlichen Rückwand auf dem Rand des ehemaligen Stadtgrabens; der letzte Grabenrest wurde erst Ende der 1970er Jahre zugeschüttet. Er wurde laut Inschriftstein ab 1560 von Johan von Merfeldt im Stile der niederländischen Renaissance aus Ziegeln mit Werksteingliederung unter Verwendung von viel älterem Baumaterial (Block- und Bruchsteine) erbaut. Der Text des Inschriftsteines im unteren Bereich des Erbauerwappens am Südgiebel lautet nämlich:

AD sestich (1560) hat Johan van Merfeldt met A. von Valke angelegt de erste Sten.

Der Großvater der Anna von Valcke stammt vom Falkenhof in Rheine und heiratete die Erbtochter der Familie von Langen, die um 1450 den fürstbischöflich münsterschen Hof Venhaus in Spelle zu einer Burg an der Grenze zur Grafschaft Lingen ausgebaut hat.

Heute ist das Bauwerk eine Zweiflügelanlage. Allerdings besteht die südliche Traufenwand im westlichen Bereich aus ungeordnetem Bruchsteinmauerwerk entsprechend einer ursprünglich verputzten Innenwand, was darauf hinweist, dass auch hier ein ebenfalls zweistöckiger Seitenflügel vorhanden gewesen sein muss. Er wurde Anfang des 18. Jahrhunderts abgebrochen, über sein Aussehen ist allerdings nichts bekannt. An seinem Ansatz steht seitdem eine der seltenen Eiben solchen Alters. So war hier also der später in der Barockzeit so beliebte Dreiflügeltyp zu finden. Der Merveldter Hof ist eine der frühesten Anlagen dieses Typs im Münsterland.

Während das Haupthaus wenig Interessantes bietet, zeichnen sich Seitenflügel und Ostgiebel durch eine Besonderheit aus: im Mauerwerk erscheinen abwechselnd Lagen von roten Ziegelsteinen und hellgelben Sandsteinen, ähnlich wie bei einer durchwachsenen Speckseite. Diese „Specklagen" treten hier erstmals nachweisbar in Westfalen auf. Das Motiv kommt aus den flämischen Niederlanden und findet sich 60 Jahre später nochmals auf Haus Alst wieder. Beachtenswert ist die Zahl von acht Kaminen, deren Bosen die Wappen der Erbauer zeigen, mit denen fast alle Räume beheizt werden konnten. Heute ist die Anlage durch fortwährende Umbauten und durch natürlichen Verfall verändert. So wurde schon Anfang des 19. Jahrhunderts der Dreistaffelgiebel des östlichen Seitenflügels und das im Bereich der heutigen Eingangstür ursprünglich vorhandene Treppenhaus abgebrochen. Alle Giebelschrägen wurden stark vereinfacht. Besonders die Nordseite zeigt lehrreich die Änderungslust der Bewohner. Vermauerte und neu eingebrochene Fenster, Reste von einem Erker und von zwei doppelten Abtritterkern nebst den Spuren ihrer Benutzung, abgeschlagene Gesimse und Flickwerk in der Mauer. Und die schon am Boden beginnende Flickstelle auf dem Südgiebel, in der Reste eines Wappens von Valcke vermauert sind, zeigt an, dass hier früher ein „Utstich“ (Bodenerker) hervorragte. Zur Straße hin grenzt eine Mauer die Anlage ab und bildet einen großen Innenhof zur Stadt hin.

Die Nachfahren der Erbauer verkauften 1632 dieses Burgmannslehen an die Familie Ackenschock, diese den Hof 1679 an die Familie von Berverfoerde, auch Besitzer des Münsterhofes. 1823 wurde hier die erste Horstmarer Poststelle eingerichtet, die um 1930 an die Schöppinger Straße wechselte, daher auch die gelegentliche Bezeichnung „Alter Posthof“. Im Jahre 1984 erwarb der münstersche Verleger Wolfgang Hölker den Merveldter Hof, der ihn sehr substanzschonend restaurierte. Er erhielt dafür 1994 den ersten „Westfälischen Preis für Denkmalpflege".

Das Nebengebäude des Merveldter Hofes ist um 1600 errichtet worden. Es handelt sich um einen städtischen Dreiständerbau ohne Abseiten (Kübbungen), also um eine Zwischenform von Wandständer- und Innengerüstbau, denn zwei der drei hohen Ständerreihen verlaufen in den hohen Außenwänden. Das Bruchsteinmauerwerk des Westgiebels und des westlichen Teils der Südwand hat dies Gebäude erst erhalten, als vor allem durch den von Südwesten kommenden Schlagregen in diesem Bereich das Fachwerk morsch geworden war und ersetzt werden musste, wohl in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Innern ist auch in diesem Bereich das Fachwerk noch vollständig erhalten. Es wird als Baumeisterhaus bezeichnet, wobei mit Baumeister früher derjenige gemeint war, der die Ländereien landwirtschaftlich bebaute.

Die tragende Konstruktion des Gebäudes besteht aus neuen Gebinden eines Wandständerbaus mit einer inneren Ständerreihe, die das Gebäude in eine sehr breite direkt an die Südwand anschließende Diele (Tenne) und ein schmales zweigeschossig durchgebautes Seitenschiff – ehemals wohl Stallung – teilt. Am westlichen Ende der Diele ist wahrscheinlich von Anfang an ein Wohnteil gewesen, ursprünglich mit offener Feuerstelle, also ein sogenanntes Rauchhaus. Der verbretterte Ostgiebel ist in seiner ursprünglichen Form noch unverändert erhalten; er kragt auf eleganten Volutenknaggen mit Diamantquadern und Riefelungen vor, wobei diese Volutenknaggen wohl mit zu den ältesten im nordwestlichen Münsterland gehören.

Dieser Wohnteil ist dann immer wieder dem steigenden Bedürfnis nach mehr Wohnkomfort angepasst worden: so sind schon im 18, Jh. ein Wandkamin und mehrere Kleinräume eingebaut worden und wohl auch eine Trennwand zwischen Wohnküche und Stalldiele. Im 19. Jh. erfolgte dann im Wohnteil der Ersatz von Teilen der Fachwerkaußenwände durch Bruchsteinmauerwerk und der Einbau weiterer Kleinräume und einer unterkellerten Upkammer hinter der Herdwand. Der nördliche Anbau einer Kübbung sowie weitere spätere Anbauten wurden im Rahmen der Sanierung in den 1980er Jahren größtenteils wieder rückgängig gemacht, so dass heute im Innern das Charakteristische dieses Dreiständerbaus wieder gut zu erkennen ist. Allerdings wurde er sehr aufwendig restauriert unter Schaffung von modernen Wohnräumen bis unters Dach und Einbau einer modernen Küche.