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Die Geschichte von Horstmar, der ‚Stadt der Burgmannshöfe‘, ist eng mit der Horstmarer Burg verbunden, die sich nördlich der Stadt befand. Wann die Burg entstanden ist, konnte bis heute nicht in Erfahrung gebracht werden. In der vom münsterischen Fürstbischof Florenz von Wevelinkhoven in Auftrag gegebene "Chronik der Bischöfe von Münster" heißt es nur „Dat haus zu Horstmar ist gebauet auf drey erbe als Nieland, Erenberg und Sunderhaus.“ Diese Höfe lagen am Rande des „Stadtesch“, wo heute noch die Flurnamen Nieland, Ehrenberg und Sunderhus, existieren.


Die hier ansässigen Edlen von Horstmar sind 1154 erstmals urkundlich mit Namen „von Horstmar“ erwähnt; lassen sich aber schon seit 1092 noch ohne Zusatz „von Horstmar“ annehmen. Zu ihrer Herrschaft gehörten Bauernhöfe und andere landwirtschaftliche Nutzungsrechte zum einen in der Umgebung von Horstmar und zum anderen in der Umgebung von Ibbenbüren und Recke, wo die Horstmarer eine Eigenkirche besaßen. Letztere schenkten sie 1189 dem Bischof von Osnabrück zur Gründung eines Klosters, die aber nicht erfolgte.

Zu besonderer Bedeutung der Edlen von Horstmar gelangte Bernhard (der Gute), der als Zweitgeborener jedoch keine Erbansprüche auf die Horstmarer Besitzungen hatte und daher schon früh als Ritter in andere Dienste trat, wobei die Kreuzzugsbegeisterung in Westfalen wie in vielen deutschen Landen ihm entgegenkam. So nahm er unter Kaiser Friedrich Barbarossa am dritten Kreuzzug 1189/90 teil und zeichnete sich - besonders als der Kaiser schon tot war - als tapferer und umsichtiger Ritter aus, vor allem bei der Einnahme von Akkon. Besonders hervorgetan hat er sich dann als einer der ersten Berater Kaiser Ottos IV., dem er zudem in der entscheidenden Schlacht zwischen Staufern und Welfen 1214 bei Bouvines in Nordfrankreich durch seine Umsicht als Ritter das Leben rettete, dafür aber selbst in Gefangenschaft geriet. Bedeutender aber sind seine Verdienste als Diplomat bei der Versöhnung zwischen den verfeindeten Parteien in Europa im Auftrage des Reichsverwesers Engelbert von Köln und später des Kaisers Friedrich II., an dessen Hof in Italien er mehrfach war. Am 28. Juli 1227 fiel er in der Schlacht bei Coevorden, in der die Bauern von Drenthe ihre Freiheit gegenüber dem Fürstbischof von Utrecht, unterstützt vom Fürstbischof von Münster, erkämpften


Bild:

Mutmaßliche Ausdehnung der Horstmarer Burg im digitalen Geländemodell.

Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen/J. Coolen, 2021.

Sein Neffe Otto heirate Adelheid von Ahaus, die 1241 nach dem Tode ihres Bruders die Herrschaft Ahaus erbte und damit die Herrschaften Horstmar und Ahaus vereinigte. Deren Tochter Beatrix heiratete 1251 Friedrich I. von Rietberg, wodurch die Herrschaft Horstmar mit Rietberg vereinigt wurde. Als dann Friedrich von Rietberg als Bundesgenosse des Erzbischofs von Köln in der Kölner Fehde gegen Graf Wilhelm IV von Jülich und dessen Verbündeten Fürstbischof Gerhard von Münster in der großen Ritterschlacht bei Zülpich 1267 in münsterische Gefangenschaft geriet, konnte er das Lösegeld nur aufbringen, indem er seine Horstmarer Besitzungen an Fürstbischof Gerhard von Münster abtrat. So kamen 1269 Burg und Herrschaft Horstmar mit allem Grundbesitz einschließlich der Vasallen, Dienstmannen und Hörigen unter fürstbischöflich münstersche Landeshoheit.

Bei der Einteilung des Fürstbistums in Ämter im 14. Jh. wurde die erworbene Herrschaft Horstmar mit den fürstbischöflichen Besitzungen im Raume Coesfeld und Billerbeck zum fürstbischöflichen Amt Horstmar vereinigt, dessen Verwaltungssitz in der Horstmarer Burg eingerichtet wurde. Die Fürstbischöfe bauten die Burg weiter aus und wählten sie immer wieder zu einem ihrer Lieblingsaufenthaltsorte, vor allem im Sommer. Fürstbischof Bernhard von Raesfeld nahm im 16. Jh. sogar längere Zeit hier seinen Wohnsitz. Obwohl die Burg/das Schloss eine besondere Bedeutung hatte, ist über das Aussehen nichts überliefert. Man kennt nur eine Beschreibung der Herrschaftsräume aus dem Jahre 1572: „der große Saal nebst anliegender Kammer, die Kapelle, ein Sallet vor der Kammer, das Gemach des Fürsten mit Utstich neben dem Gemach der Kammerknechte, der Turm, das Hohe Gemach, noch ein weiteres Hohes Gemach über der Wohnung des Fürsten und das Zimmer des Burgkaplans. Den Kammerjungen dienten ein Raum unter dem Hohen Gemach und ein zweiter über dem Utstich als Schlafstätte. Für das Handwerk gab es die Kammer der Weißbäcker und Fassbinder, des Orgelbauers und der Schneiderei. Als Wirtschaftsräume erscheinen die Gemächer des Küchenmeisters, der Küchenschreiber, des Weinschenks, der Boten, zugleich Esszimmer der Dienerschaft, der Mägde und Stallmeister, ferner die Küche und das Knechtesadell. Das Erdgeschoss enthielt den Haus- und Bierkeller und den Burgkerker. Für die fürstbischöflichen Amtsgeschäfte waren die Kanzlerkammer sowie die münstersche und die osnabrücksche Kanzlei eingerichtet.“ Die einzige bekannte bildliche Darstellung ist eine Skizze der Burgruine auf einer Karte aus dem Jahr 1661. Sie lässt erahnen, wie groß die Burg einst war; der Wohnturm scheint immerhin fünfstöckig. Obwohl die Skizze sicher nicht maßstabsgetreu und wenig detailliert ist, scheint sie jedenfalls nicht ganz unrealistisch, steht doch die abgebildete Scheune, die 1689 zum Amtsjägerwohnhaus ausgebaut wurde – siehe dort – heute noch.
Mit Ausnahme dieses Fachwerkbaus, der im Laufe der Jahrhunderte jedoch immer wieder verändert wurde, sind obertägig keinerlei baulichen Reste der Burg erhalten. Allerdings lassen die erhaltenen Wälle und Gräben im heutigen Gelände den Umriss und die Struktur der Burg erahnen. Besonders gut zu sehen ist dies im digitalen Geländemodell, das anhand von Laserscans aus der Luft erstellt wurde und eine hochauflösende Darstellung des Reliefs ermöglicht. Demnach erstreckte sich das ehemalige Burgareal beidseits des heutigen Burgwegs und bestand aus einer Haupt- oder Kernburg im Nordwesten und einer südlich und östlich vorgelagerten Vorburg. Der wohl künstlich überhöhte Hügel der Hauptburg bildet heute noch den markantesten Teil des Burgareals. Durch Bodenradarmessungen der LWL-Archäologie für Westfalen im Jahr 2021 wurden am Plateau des Hügels die massiven Steinfundamente eines runden Hauptturmes nachgewiesen. Der Bergfried, wie solche Türme im deutschsprachigen Raum genannt werden, stand frei im Burghof und war zweifelsohne der höchste Teil der Burg. Östlich des Bergfrieds, zur heutigen Straße hin, befand sich ein rechtwinkliger Gebäudeflügel, der bisher nur in Teilen erfasst werden konnte. Im Westen, zum heutigen Friedhof hin, war die Hauptburg durch einen tiefen Halsgraben begrenzt. Da das Gelände nach Osten hin ohnehin abfiel, konnte auf dieser Seite wohl auf einen solchen Graben verzichtet werden. Die Vorburg umfasste mit Sicherheit diverse Wirtschaftsgebäude und Dienstwohnungen. Dazu gehörte auch der denkmalgeschützte Fachwerkkotten Schagern 23, der in das frühe 17. Jahrhundert datiert wird und ursprünglich eine Scheune war.

Skizze der Burgruine 1661 – rechts das noch vorhandene Amtsjägerhaus.

Quelle: Landesarchiv NRW, Abt. Westfalen, Fürstentum Münster, Landesarchiv 238.10 und Kartensammlung 22 032

Im Dreißigjährigen Krieg kam das Ende der Burg. Der Krieg hatte schon bald nach Beginn auch das Münsterland in Angst und Schrecken versetzt. Die einquartierten und durchziehenden Truppen mussten versorgt werden und erpressten immer neue Zahlungen, plünderten so manchen Hof und forderten von den Städten immer neue Kontributionen. Diese Abgaben wurden von der Stadt Horstmar gezahlt. Allerdings wurden durchziehenden Truppen die Stadttore geöffnet und dadurch größere Zerstörungen und Plünderungen verhindert. Dieses Taktieren führte sogar dazu, dass der kaiserliche katholische Generalfeldmarschall Gottfried Huyn von Geleen am 12. Mai 1634 der Stadt einen Schutzbrief gegen „Ausplünderung, Beraubung und Brandschatzung“ verlieh. Doch eine wirkliche Wirkung hat dieser Brief nicht gehabt. Noch im gleichen Jahre plünderten protestantische hessische Truppen die Stadt, zerschlugen die Fenster von Rathaus und Stadtwaage. Und im folgenden Jahr ging auch die Horstmarer Burg unter. Am 3. Januar 1635 ließ der hessische Obristenleutnant Carl Rabenhaupt von Sucha den Bürgern der Stadt den strengen Befehl zur Zerstörung der Burg überreichen. Doch dieBürger selbst haben die Burg nicht zerstört, vielmehr setzten siebzehn hessische Soldaten den Befehl in die Tat um. Die Burg wurde nicht wieder aufgebaut, denn Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen baute ab 1655 die so genannte Ludgerusburg vor den  Coesfelder Stadtmauern zu einer Festung als seinem  Bischofssitz aus. Die Mauerreste der Horstmarer Burg wurden später abgetragen und anderweitig als Baumaterial bzw. nach entsprechender Zerkleinerung zur Straßenbefestigung in der Stadt verwendet.

Heute sind nur noch Grass bedeckte Hügel mit hohen Bäumen und Sträuchern zu sehen, die zur Zeit der Bärlauchblüte besonders eindrucksvoll sind, denn das Gelände hat sich zu einem ganz besonderen Bärlauchstandort entwickelt.


Carl Rabenhaupt von Sucha

Kupferstich

Quelle: Stadtarchiv Horstmar